Förderung Schweizer Medien und Schutz vor Techplattformen
Der neue Präsident des Verlegerverbandes (VSM), Andrea Masüger, hat an der Dreikönigstagung vom 11. Januar Staat und Politik aufgefordert, für bessere Rahmenbedingungen zu sorgen: Zum Schutz vor internationalen Techplattformen brauche es ein griffiges Leistungsschutzrecht wie in der EU. Für die Sicherung der medialen Grundversorgung plädiert er für den Ausbau der indirekten Presseförderung. Masüger unterstrich die demokratischen Prozesse im Land: «Je mehr lokal über Politik berichtet wird, desto höher sind Stimmbeteiligung und Interesse an Politik. Staat und Politik müssen für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen sorgen.» Unterstützt wurden diese beiden Forderungen von FDP-Parteipräsidenten Thierry Burkart.
Das Leistungsschutzrecht
schützt, die Medienförderung stützt
Internationale Tech-Plattformen wie Google oder Meta übernehmen journalistische Inhalte, mit denen sie Geld verdienen, ohne die Schweizer Medienunternehmen und Redaktionen dafür zu vergüten.
Darum braucht es eine Anpassung des heutigen Urheberrechts, konkret ein Leistungsschutzrecht, wie man es in der EU, vielen europäischen Ländern und in Übersee bereits kennt. Auch der Bundesrat
sieht die Notwendigkeit für eine solche Vergütung und wird in den kommenden Wochen einen entsprechenden Gesetzesentwurf präsentieren.
Der Ausbau der indirekten Presseförderung ist für den VSM ein zentrales Anliegen, damit die mediale Grundversorgung in den Regionen auch künftig sichergestellt werde. Andrea Masüger betont, dass sich die beiden Massnahmen ergänzen.
FDP-Präsident: Vergütung von Leistung
Für Thierry Burkart ist klar, dass das geistige Eigentum der Medienschaffenden geschützt sein muss und journalistische Inhalte von Techplattformen nicht ohne Vergütung
übernommen werden können. «Auch ein Warenhaus, das im Hintergrund Musik spielt, muss eine Abgabe für die Nutzung von Audio zahlen», so Burkart. «Das
Leistungsschutzrecht ist notwendig.» Der FDP-Präsident sprach sich auch für die etablierte indirekte Presseförderung aus, dagegen lehnt er eine direkte Presseförderung ab, weil seiner Meinung
nach dadurch eine staatliche Einflussnahme drohe und die Glaubwürdigkeit der Medien leiden könnte.
Dr. Martin Andree: GAMAM haben den fairen Wettbewerb
eliminiert
Der Medienwissenschaftler von der Uni Köln zeichnet ein düsteres Bild: «Das freie Internet und ein fairer Konkurrenzkampf wurden durch GAMAM systematisch eliminiert.»
Die Tech-Plattformen hätten ihre Monopolstellung missbraucht und die Übernahme von Inhalten ohne Vergütung ausgenutzt. Die schier unglaubliche Dominanz einiger weniger Player im Internet ist eine
verheerende Entwicklung – die Gesellschaft sei aber zu wenig alarmiert. Lösungsansätze sieht Andree etwa in offenen Standards, dem Verbot der Monetarisierung strafbarer Inhalte oder der
Begrenzung des Marktanteils.
Kriegsjournalist Pelda: Es braucht mehr Mut und
Ausbildung
Der CH-Media-Reporter Kurt Pelda ist als Kriegsjournalist bekannt und direkt aus der Ukraine an die Dreikönigstagung gereist: Es brauche zur Bestätigung der
Informationen auch die Medienschaffenden vor Ort. Sonst stosse die jahrzehntelange Propaganda der russischen Regierung auf noch weniger Widerstand. Die Medienhäuser müssten vermehrt den Mut
aufbringen, ihre Leute in die Krisenherde zu schicken. Durch das Sammeln von Erfahrungen in weniger gefährlichen Kriegsgebieten – aber auch durch Investitionen in die Ausbildung von
Kriegsjournalistinnen und Kriegsjournalisten – kann das so zentrale Subgenre des Journalismus erhalten und gestärkt werden. Denn er selbst könne nicht ewig weitermachen: Schliesslich müsse man fit sein für diesen Job.
KI hoch im Kurs
Moderator Hugo Bigi führt eine Paneldiskussion mit Ladina Heimgartner (CEO Blick-Gruppe und Head of Global Media der Ringier AG) und Ursula Nötzli (Chief
Communications & Sustainability Officer TX Group) aus dem Präsidium des VSM. Mit dabei sind Christian Bärenfaller, CEO der Pomona Media AG, und Mark Eisenegger, Leiter des fög an der
Universität Zürich. Der Fokus: die aktuellen Herausforderungen der Medien. Als wichtigen Trend mit Chancen und Gefahren auch für die Medienwelt identifizierten die Diskutierenden immer wieder die
Nutzung von künstlicher Intelligenz. «Wir müssen uns damit beschäftigen und die Chancen nutzen», meint Heimgartner. Auch Eisenegger glaubt, dass KI helfen kann, journalistische Inhalte
zielgerichtet zu vermitteln.
Wie man online Chancen nutzt, weiss Ursula Nötzli. Die Social-Media-First-Strategie, welche Tamedia bei den Jungen teilweise fährt, funktioniert: «Junge Menschen konsumieren noch immer Medien – aber anders». Ein überraschendes Urteil fällt Bärenfaller: Pomona, unter anderem Herausgeberin des Walliser Boten, führt junge Menschen oft über den Radiosender an ihre Marke heran: «Markenbindung funktioniert über verschiedene Kanäle». Man ist sich einig: Die Medienbranche steht vor grossen Herausforderungen, hat aber auch Lösungen bereit.
Branchenerfolg OneLog und Wabel’s
Appell
CEO-Ringier Marc Walder gibt bekannt, dass CHMedia und NZZ der Login-Allianz OneLog als Aktionäre beitreten. Damit wird die Login-Lösung für die Schweizer Medien
massgeblich gestärkt. Rund 40 Medientitel sind bereits an Bord – damit leiste die Schweizer Medienbranche gemäss Walder internationale Pionierarbeit.
Auch Stefan Wabel, Geschäftsführer des VSM, nutzte sein Break-In-Referat für eine klare Botschaft: Die Schweiz muss jetzt dem globalen Trend folgen und die redaktionellen Inhalte, mit denen Google & Co. hohe Erträge erzielen, vergüten. Damit schlägt er in dieselbe Kerbe wie schon Burkart, Masüger und die Panelteilnehmenden: Der bald zur Vernehmlassung veröffentliche Gesetzesentwurf zum Leistungsschutzrecht wird mit grossen Hoffnungen erwartet.
Text: Claudia Baltisberger
Zum Anlass:
Die Dreikönigstagung wird vom Verlegerverband Schweizer Medien (VSM) durchgeführt und feiert 2023 seine 24. Ausgabe. Nach zwei Jahren, in denen die Tagung virtuell stattfand, wurde der
traditionelle Jahresauftakt der Schweizer Medienbranche 2023 wieder live in Zürich durchgeführt. Etwas mehr als 200 Persönlichkeiten aus Medien, Politik oder Wirtschaft konnten sich mittels
Inputreferaten rund um Themen, die für die Branche von zentraler Bedeutung sind, austauschen. Moderiert wurde die Dreikönigstagung von Dr. Hugo Bigi.